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Impuls zum 11. Juli 2021

Zum 17. Sonntag im Jahreskreis

Von Stefan Voges (Aachen), Geistlicher Beirat im pax christi Diözesanverband Aachen

Propheten

Der Anspruch Gottes versetzt in Bewegung. Den Viehhirten Amos holt Gott von seiner Herde weg und macht ihn zum Propheten. Die Zwölf sendet Jesus aus und macht sie zu Boten seines Evangeliums. Und getrieben in eine ungewisse und unangenehme Ferne und Fremde erfahren sie, Amos ebenso wie die Jünger, Ablehnung. Geborgen bleiben Amos und die Jünger in Gottes Wort und Auftrag, in Gottes Nähe und Geheimnis.

Aus dem Buch Amos (7,12–15)

In jenen Tagen
sagte Amázja, der Priester von Bet-El, zu Amos:
Seher, geh, flieh ins Land Juda!
Iss dort dein Brot
und prophezeie dort!
In Bet-El darfst du nicht mehr prophezeien;
denn das hier ist das königliche Heiligtum und der Reichstempel.
Amos antwortete Amázja:
Ich bin kein Prophet und kein Prophetenschüler,
sondern ich bin ein Viehhirte
und veredle Maulbeerfeigen.
Aber der Herr hat mich hinter meiner Herde weggenommen
und zu mir gesagt:
Geh und prophezeie meinem Volk Israel!


Unbequem und unabhängig

Amos ist Viehhirte und veredelt Maulbeerfeigen. Das wird nicht einfach nur so erwähnt: Amos ist wirtschaftlich unabhängig und steht nicht im Dienst eines besonderen Interesses. Hinter seinen Worten als Prophet steht allein der Auftrag Gottes. Eine solche Unabhängigkeit ist auch heute nötig. Auch heute müssen sich prophetische Worte radikal in den Dienst Gottes stellen. Prophetische Worte können nicht interessengeleitet verwaltet werden. Sie sind Worte eines unbändigen Lebenswillens, einer umstürzenden Menschenfreundlichkeit, eines göttlichen Friedens.

Du bist unser Verbündeter
Psalm 35

Erkläre Krieg, Herr, allen, die uns Krieg erklären,
denn Du bist unser Verbündeter.

Großmächte sind gegen uns,
aber die Waffen des Herrn sind mächtiger.

Wir haben sie nicht angegriffen,
dennoch verfolgen sie uns,
wir sind nicht gegen sie verschworen,
dennoch hat man uns eingekerkert.
Im Gangster-Netz liege ich gefangen.

O Herr,
Du wirst uns befreien vom Diktator,
frei machen von den Ausbeutern der Proletarier und der Landlosen.
Falsche Zeugen erhoben sich wider mich,
fragten mich nach Dingen, von denen ich keine Ahnung hatte.
Vor mir stehen Untersuchungsbeamte,
die mir ein fertiges Geständnis zur Unterschrift vorlegen,
das mich der Verschwörung, Spionage und Sabotage beschuldigt.

Ihr eigenes politisches System wird sie zugrunde richten,
wie sie andere zu Fall brachten, werden sie selber fallen.
Ihre Propaganda macht uns lächerlich,
sie machen uns zu Karikaturen.

Wie lange noch, Herr, wirst Du neutral sein?
Wie lange teilnahmslos zusehen?

Hol mich aus der Folterkammer,
befreie mich aus dem Konzentrationslager.

Ihre Propaganda dient nicht dem Frieden,
sondern provoziert den Krieg.
Du hörst ihre Radios
und siehst ihre Fernsehsendungen.
Schweige nicht!
Erwache! Erhebe Dich – mein Gott –,
mir beizustehen,
zu meiner Verteidigung,
damit sie nicht sagen können:
„Unsere politischen Gegner sind ein für allemal erledigt.“
Alle, die uns auf der Pressekonferenz
mit Frohlocken für vernichtet erklären,
sollen beschämt und zuschanden werden.
Unsere Freunde aber sollen sich freuen.
Dir, Herr, will ich dichten und singen
mein Leben lang.

Ernesto Cardenal


Aus dem Evangelium nach Markus (6,7–13)

In jener Zeit 
rief Jesus die Zwölf zu sich
und sandte sie aus,
jeweils zwei zusammen.
Er gab ihnen Vollmacht über die unreinen Geister
und er gebot ihnen,
außer einem Wanderstab nichts auf den Weg mitzunehmen,
kein Brot, keine Vorratstasche, kein Geld im Gürtel,
kein zweites Hemd und an den Füßen nur Sandalen.
Und er sagte zu ihnen: Bleibt in dem Haus, in dem ihr einkehrt,
bis ihr den Ort wieder verlasst!
Wenn man euch aber in einem Ort nicht aufnimmt
und euch nicht hören will,
dann geht weiter
und schüttelt den Staub von euren Füßen, ihnen zum Zeugnis.
Und sie zogen aus
und verkündeten die Umkehr.
Sie trieben viele Dämonen aus
und salbten viele Kranke mit Öl
und heilten sie.

Boten einer neuen Wirklichkeit

Ob die Aussendung der Zwölf so ganz ohne Diskussionen abgelaufen ist? Fast nicht vorzustellen, dass die Ansage ihres Lehrers Jesus, ohne Vorräte und beinahe schutzlos aufzubrechen, bei seinen Schülern so ganz ohne Widerspruch blieb. Und überhaupt: Gerade hatten sie erlebt, wie Jesus in seiner Heimatstadt abgelehnt worden war. Und jetzt sollen sie sich ohne ihn loswagen? Jesus bereitet sie darauf vor, dass auch sie Ablehnung erfahren werden, und sagt ihnen, was dann zu tun ist. Leider erfahren wir nicht, wie oft sie den Staub von den Füßen schüttelten. Es könnte ein Maß für Realismus, Gelassenheit und Ausdauer im Einsatz für eine neue Welt sein.

Prophetinnen und Propheten des Friedens

Frauen und Männer, die sich für den Frieden einsetzen, waren und sind wohl zu allen Zeiten Prophetinnen und Propheten. Wie Amos stören sie den Betrieb. Sie schieben die Frage der Gerechtigkeit in den Mechanismus des Geldverdienens. Wie Amos tun sie gut daran, unabhängig zu sein und zu bleiben. Damit ihnen niemand den Mund verbieten kann.
Frauen und Männer, die sich für den Frieden einsetzen, waren und sind wohl zu allen Zeiten Prophetinnen und Propheten. Wie die Jünger setzen sie Zeichen einer neuen Wirklichkeit. Sie brauchen nicht viel, verzichten auf Gewalt, versöhnen. Wie die Jünger lassen sie sich nicht entmutigen. Sondern wirken im Rahmen ihrer Möglichkeiten.

Vaterunser


Segen

Gott segne
das Prophetische in Dir,
Deine Angst und Deinen Mut.
Gott segne
das Menschliche in Dir,
Dein Mitleiden und Dein Mitfreuen.
Gott segne
das Wirkliche in Dir,
Dein Bleiben und Deine Veränderung.
Gott segne
Dich.